Promotionsrecht an Hochschulen für angewandte Wissenschaften

Bisher haben die Länder Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Bremen, Brandenburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein die rechtlichen Grundlagen zur Verleihung des eigenständigen Promotionsrechts für Hochschulen für angewandte Wissenschaften (HAW) eingeführt.

Chronologie zur Einführung des Promotionsrechts an Hochschulen für angewandte Wissenschaften:

In Baden-Württemberg trat am 9. April 2014 ein neues Landeshochschulgesetz in Kraft, in dem bundesweit erstmals das Promotionsrecht für einen Zusam-menschluss von Hochschulen für angewandte Wissenschaften vorgesehen war. In einer Weiterentwicklungsklausel in § 76 sieht das Gesetz vor, Zusammenschlüssen von Hochschulen für angewandte Wissenschaften nach evaluations- und qualitätsgeleiteten Kriterien das Promotionsrecht befristet und thematisch begrenzt zu verleihen. Das Nähere sollte das zuständige Ministerium in einer Rechtsverordnung und im Einvernehmen mit dem Wissenschaftsausschuss des Landtags regeln. Daraufhin ruhte das Vorhaben acht Jahre lang, bis der Wissenschaftsausschuss Anfang 2022 die ausstehende Rechtsverordnung an-mahnte. Nach nunmehr nur noch wenigen Monaten legte das Ministerium den Entwurf für eine Rechtsverordnung vor, sodass der Wissenschaftsausschuss dieser am 21. September 2022 zustimmen und sie zum 1. Oktober 2022 in Kraft treten konnte. Nicht die einzelne Hochschule, sondern ein landesweiter Promotionsverband wird die Doktorgrade an besonders qualifizierte Absolventinnen und Absolventen der HAW verleihen.

Hessen war dann 2015 das erste Bundesland, in dem für Absolventinnen und Absolventen von HAW die Möglichkeit geschaffen wurde, unmittelbar an ihrer Hochschule und ohne das Erfordernis eines Hochschulzusammenschlusses ein Promotionsvorhaben durchführen zu können. Das am 10. Dezember 2015 in Kraft getretene hessische Landeshochschulgesetz (LHG) legte dazu fest, forschungsstarken Fachrichtungen an einer Hochschule für angewandte Wissenschaften ein eigenständiges Promotionsrecht zu verleihen. Bereits Anfang 2016 schlossen sich die ersten forschungsstarken Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der hessischen HAW entweder an der eigenen Hochschule oder hochschulübergreifend zu Promotionskollegs zusammen. Voraussetzung ist, dass sich jeweils mindestens zwölf Professorinnen und Professoren einer Fachrichtung an HAW zuvor ihre Forschungsstärke anhand von vom hessischen Wissenschaftsministerium vorgegebenen Kriterien nachweisen. Nach der Feststellung der Forschungsstärke kann das Land jeder der forschungsstarken Fach-richtung ein eigenständiges Promotionsrecht zunächst befristet verleihen. Seit der Hochschulgesetznovellierung 2021 kann das Promotionsrecht nach erfolgreicher Evaluation entfristet werden. Die nach fünf Jahren nach Einführung des Promotionsrechts im LHG vorgesehene Evaluierung wurde im Juni 2022 positiv abgeschlossen.
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In Schleswig-Holstein wurde ein hochschulübergreifendes Promotionskolleg von Universitäten und HAW auf Grundlage einer Neuregelung von 2016 im Hochschulgesetz gegründet, dem das Promotionsrecht verliehen werden kann. Das Promotionsrecht wurde ihm bislang noch nicht verliehen.

In Sachsen-Anhalt wurde das Promotionsrecht durch das Hochschulgesetz aus dem Sommer 2020 eingeführt. Die neue Regelung sieht vor, dass forschungsstarken Bereichen an HAW des Landes oder Zusammenschlüssen verschiedener Hochschulbereiche das Promotionsrecht verliehen werden kann. Eine Evaluierung ist nach zehn Jahren verpflichtend vorgesehen. Voraussetzung dafür ist eine Mindestanzahl von Wissenschaftlern an den Hochschulen mit gesteigerten Forschungsaktivitäten. Die Förderung und Betreuung der Doktoranden erfolgt in Promotionszentren, die entweder direkt an einer Hochschule oder hochschulübergreifend eingerichtet werden können. Mittlerweile haben alle Hochschulen ein eigenständiges Promotionsrecht unbefristet verliehen bekommen.

Berlin knüpft 2021 an die Regelung in Hessen an, sieht allerdings ergänzend ähnlich wie Baden-Württemberg im Gesetz eine Rechtsverordnung der Senats-verwaltung vor, in der die Anerkennung qualitätsgesicherter Forschungsumfelder und die Zulassung der Hochschullehrenden als Erstgutachter bzw. Erstgutachterin geregelt werden.

Nordrhein-Westfalen: Der Wissenschaftsrat hat die Evaluierung des Promotionsgeschehens am Promotionskolleg NRW (bis November 2020 "Graduiertenkol-leg NRW") im Juli 2022 abgeschlossen. Das Land folgte dieser Empfehlung und verlieh dem Promotionskolleg NRW als einer landesweiten Einrichtung am 7. November 2022 das eigenständige Promotionsrecht.
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In Bayern trat die Regelung zum Promotionsrecht für Hochschulen für angewandte Wissenschaften zum 1. Januar 2023 in Kraft. Bereits im Laufe des Jahres 2023 hat das Land den ersten wissenschaftlichen Einrichtungen an Hochschulen für angewandte Wissenschaften ein befristetes, fachlich begrenztes Promotionsrecht verliehen. In einem Begutachtungsverfahren wurde deren angemessene Forschungsstärke sowie die Einbettung der wissenschaftlichen Qualifizierung in eine grundständige akademische Lehre nachgewiesen.

Im Hochschulgesetz Bremen besteht seit Längerem die Möglichkeit, anderen Hochschulen nach Maßgabe ihrer Fortentwicklung im Rahmen der Weiterentwicklung des Hochschulwesens durch Rechtsverordnung das Recht zur Promotion zu verleihen. Die entsprechende Rechtsverordnung trat zum 1. Februar 2024 in Kraft.

Das Land Brandenburg trat am 30. April 2024 ein neues Hochschulgesetz in Kraft mit einer Regelung für die Verleihung des Promotionsrechts für gemeinsame wissenschaftliche Einrichtung der Fachhochschulen (Promotionskolleg).

Das Saarland und Thüringen planen im Zuge von laufenden Gesetzgebungsverfahren die Einführung des Promotionsrechts nach jeweils unterschiedlichen Modellen. In Niedersachsen ist die Einführung im Jahr 2025 geplant. Rheinland-Pfalz und Hamburg haben die Einführung angekündigt. Folgenden sind die gesetzlichen Regelungen zum Promotionsrecht für Hochschulen für angewandte Wissenschaften und zum älteren Modell der kooperativen Promotion in einer Synopse dargestellt (siehe PDF-Datei zum Download auf der Website im gelben Button oben rechts).

Karla Neschke, Stand: 02.05.2024

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