Aufgaben, Rechte und Pflichten von Hochschullehrenden
Die folgenden Informationen beziehen sich ausschließlich auf den aktiven Dienst von Hochschullehrerinnen und Hochschullehrern. Es werden die wesentlichen Rechte und Pflichten der Hochschullehrenden anhand der vorhandenen Rechtsprechung überblicksartig skizziert.
1. Forschungsfreiheit
Die Lehrenden haben zunächst die nach Art. 5 Abs. 3 Grundgesetz (GG) verbürgte Freiheit, zu forschen. Die Länder und ihre Hochschulen haben sicherzustellen, dass die Lehrenden überhaupt forschen können.
Was heißt genau „Forschungsfreiheit“? Hinweise dazu finden sich in den jeweiligen Anfangsvorschriften der Landeshochschulgesetze (LHG):
„Die Freiheit der Forschung umfasst die Fragestellung selbst, die Grundsätze der Methodik und die Bewertung des Forschungsergebnisses sowie seine Verbreitung.“
Was die Methodik angeht, so ist die oder der Lehrende frei darin, seine eigene Methodik zu entwickeln und anzuwenden. Hinsichtlich der Verbreitung des Forschungsergebnisses darf die oder der Lehrende ihre oder seine Forschungsergebnisse verbreiten – sie oder er ist aber genauso frei darin, dies gerade nicht zu tun. Damit wird grundsätzlich ausgeschlossen, dass sich Land oder Hochschule des Forschungsergebnisses bemächtigen (eine Ausnahme können Erfindungen nach dem Gesetz über Arbeitnehmererfindungen, ArbNErfG, darstellen – siehe dazu unser separates Infoblatt).
Im Rahmen der Forschung soll sich der Lehrende seinen eigenen Forschungsbereichen zuwenden, insofern ist er auch verpflichtet, sein Fach zu vertreten. Er kann aber auch außerhalb seines Fachbereichs forschen (vgl. VGH Kassel, Beschl. v. 12.04.1984, Az. 6 TG 5049/83, juris).
2. Verpflichtung zur Durchführung von Lehrveranstaltungen und Abnahme von Prüfungen
Unter „Lehrverpflichtung“ (siehe hlb-Infoblatt „Lehrverpflichtung“) ist die Verpflichtung zur Wahrnehmung von Lehraufgaben der Lehrenden an Fachhochschulen zu verstehen. Die Lehrenden müssen einen bestimmten Umfang von Lehrveranstaltungsstunden (Semesterwochenstunden SWS) erfüllen. Der vorgeschriebene Umfang der Dienstaufgaben im Bereich der Lehre wird durch das jeweilige LHG und die auf seiner Grundlage regelmäßig erlassene Lehrverpflichtungsverordnung definiert. Danach beträgt die Lehrverpflichtung für jede(n) Lehrende(n) an einer Hochschule für angewandte Wissenschaften regelmäßig 18 Lehrveranstaltungsstunden (es sei denn, es werden z. B. ein Forschungssemester oder im Semester selbst Ermäßigungen für konkrete Forschungs- und Entwicklungsvorhaben gewährt).
Weigert sich die oder der Lehrende, die Vorlesungsverpflichtungen für sein Fach zu erfüllen, begeht er ein Dienstvergehen, was nach der Rechtsprechung letzten Endes zu einer Gehaltskürzung führen kann. Er verstößt damit nämlich gegen die Pflicht, im Rahmen der für sein Dienstverhältnis geltenden Regelungen die zur Sicherstellung des Lehrangebots gefassten Beschlüsse der Organe der Fachhochschule und der Fachbereiche zu verwirklichen und bleibt zugleich ohne Genehmigung dem Dienst fern (BVerwG, Beschl. v. 11.05.2000, Az. 1 DB 35/99, NVwZ-RR 2001, 251). Die Verpflichtung zur Lehre umfasst neben der Gestaltung der Lehre, auch ihre Planung und Ankündigung. Ebenso ist der Professor durch sein Hauptamt verpflichtet, an der Ausbildung der Studierenden mitzuwirken und Prüfungen abzunehmen.
3. Grundsätzlich: Weisungsfreiheit
Bei der Erfüllung ihres Hauptamtes sind die Hochschullehrenden grundsätzlich befugt, weisungsfrei zu handeln. Dies gilt sowohl inhaltlich – in Bezug auf ihr jeweiliges Fach – als auch organisatorisch. Grundsätzlich organisieren die Lehrenden sich und ihre Lehre selbst. Die Dekanin oder der Dekan verfügt insoweit nicht über ein Weisungsrecht. Sie oder er ist kein Vorgesetzter, sondern eine Kollegin oder ein Kollegen des eigenen Fachbereichs. Ein Weisungsrecht ist in den Bundesländern mit unterschiedlicher Ausprägung nur in Bezug darauf vorgesehen, dass Professoren und Professorinnen ihre Lehr- und Prüfungsverpflichtungen ordnungsgemäß erfüllen (siehe separate Übersicht im hlb-Mitgliederbereich). Ist dies nicht der Fall, kann und muss die Dekanin oder der Dekan eingreifen.
Vom Dienstvorgesetzten, der Präsidentin oder dem Präsidenten oder der Rektorin oder dem Rektor, kann es dennoch theoretisch Weisungen geben, die, ihre Rechtmäßigkeit vorausgesetzt, befolgt werden müssen. Gerade dann, wenn eine solche Weisung nicht den persönlichen Rechtskreis des Lehrenden, sondern seine ihm vom Staat übertragene Kompetenz (etwa: Prüfungen abzunehmen) tangiert, wird die Lehrfreiheit der Lehrenden oftmals nicht verletzt sein. Sie werden nämlich als „verlängerter Arm“ für den Staat tätig. So entschied das Bundesverwaltungsgericht, dass die Entscheidung der Fachhochschulverwaltung, mit der diese einem Studierenden gegenüber aus wichtigen Gründen trotz bereits abgelegter Prüfung eine nachträgliche Prüfungsverhinderung zuerkannte, die Prüfertätigkeit des jeweiligen Fachhochschullehrers nicht berühre (BVerwG, Beschl. v. 18.08.1997, Az. 6 B15/97, juris).
4. Änderung des (dienstlichen) Aufgabenbereichs
Änderungen, die den dienstlichen Aufgabenbereich des Lehrenden und nicht den Kernbereich seines Amtes betreffen – dies dürften vor allem organisatorische Maßnahmen sein – können nach der Rechtsprechung nach pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn ohne Zustimmung der oder des Lehrenden vorgenommen werden. Das kann etwa die Ausgliederung einer Professur aus einem Institut sein. Bei solchen Umsetzungen, die regelmäßig keinen Verwaltungsakt darstellen, wird dem Dienstherrn ein weitgehendes Ermessen zugestanden (BVerwG, Urteil vom 24. Januar 1991, Az. 2 C 16/98, juris).
Die oder der Lehrende hat keinen Anspruch darauf, dass die Hochschule die einmal eingerichteten Tätigkeitsschwerpunkte unverändert aufrecht erhält (VGH Kassel, Beschluss vom 30. Mai 1997, Az. 6 TG 1447/97, juris). In den Hochschulgesetzen steht die Aufgabenbestimmung regelmäßig unter dem Vorbehalt einer Überprüfung in angemessenen Abständen.
5. Recht auf (Grund-) Ausstattung
Weiterhin haben die Lehrenden einen Anspruch auf eine Ausstattung, durch die er in die Lage versetzt wird, sein Amt antreten zu können. Die Grundausstattung soll die Lehrenden befähigen, überhaupt wissenschaftlich arbeiten zu können. Was genau „Grundausstattung“ ist, hängt von der Stelle und der Funktionsbeschreibung ab. Den Lehrenden steht aus Art. 5 Abs. 3 GG nur ein Anspruch auf Teilhabe an vorhandenen Einrichtungen und an den im Rahmen des Hochschulhaushaltes verfügbaren Mitteln zu. Ist eine nicht passende oder zu wenig Ausstattung vorhanden, ergibt sich daraus noch kein Anspruch, dass weitere Haushaltsmittel zur Verfügung gestellt werden. Es handelt sich daher lediglich um ein Recht auf „Mindestausstattung“ (z. B. OVG Münster, Beschl. v. 23.02.2016, Az. 15 B 104/16).
Eine Grenze muss dort gezogen werden, wo wissenschaftliches Arbeiten mangels Ausstattung gänzlich unmöglich wird. Die Ausstattung kann Gegenstand von Berufungsverhandlungen sein.
Nichtgewährung von Ausstattung oder ihr Entzug: Wenn die Ausstattung Gegenstand einer - nicht etwa durch das Vorhandensein von Haushaltsmittel bedingten - Berufungsvereinbarung oder Berufungszusage ist, darf davon im Regelfall nicht abgewichen werden. Nur dann, wenn sich die Umstände im Nachhinein erheblich geändert haben, kann seitens der Hochschule von einer Zusage über Ausstattung abgerückt werden oder wenn, wie mittlerweile üblich, der gesetzlich niedergelegte Zeitablauf erfolgt ist (vgl. das hlb-Infoblatt „Ausstattungszusagen“).
Da die Hochschule verpflichtet ist, die für den Lehrbetrieb erforderlichen Mittel bereitzustellen, kann sie auch über diese Gegenstände grundsätzlich verfügen und sie verwalten. Steht dies der Wissenschaftsfreiheit einer oder eines Lehrenden entgegen, so ist abzuwägen, welchem Gut im Einzelfall der Vorrang einzuräumen ist (Verwaltungs- und Verfügungsrecht der Hochschule versus Wissenschaftsfreiheit und daraus folgendem Teilhabeanspruch des Lehrenden, vgl. VGH München, Beschl. v. 27.08.1999, Az. 7 ZE 99.1921, 7 ZE 99.2088, juris).
6. Recht zu Nebentätigkeiten
Weiterhin sind die Lehrenden berechtigt, im privaten Bereich Tätigkeiten unentgeltlich oder gegen Entgelt durchzuführen. Die diesbezüglich existierenden Regelungen finden sich in Teilen der jeweiligen Landesbeamtengesetze und in den konkretisierenden Vorschriften der Nebentätigkeitsverordnungen und Hochschulnebentätigkeitsverordnungen.
Während das Hauptamt der konkrete Aufgabenkreis der Lehrenden darstellt, versteht man unter einer Nebentätigkeit die Wahrnehmung eines Nebenamtes (Aufgaben neben dem konkreten Aufgabenkreis, aber ebenfalls im öffentlichen Dienst) oder einer Nebenbeschäftigung. Nebentätigkeit bedeutet also die Wahrnehmung von Aufgaben außerhalb des Hauptamtes im konkret-funktionellen Sinne (Sächsisches OVG, Beschl. v. 28.01.2013, Az. 2 A 358/10, juris). Näheres dazu finden Sie in verschiedenen hlb-Infoblättern, die sich ausdrücklich mit dem Thema Nebentätigkeiten beschäftigen.
7. Verpflichtung zu vertrauenswürdigem Verhalten
Schließlich haben die Hochschullehrenden die Pflicht, sich achtungswürdig und vertrauenswürdig zu verhalten. In der Rechtsprechung wurden Fälle bekannt, in denen eine völlig unangemessene Wortwahl zu Disziplinarmaßnahmen gegen den Hochschullehrer führten (OVG Koblenz, Urt. v. 25.03.1999, Az. 3 A 12863/98, juris).
8. Angestellte Hochschullehrende, auch an privaten Hochschulen
Bei angestellten Hochschullehrenden gelten die vorgenannten Punkte im Wesentlichen entsprechend. Allerdings ist für eine genaue Beurteilung auch der individuelle Arbeitsvertrag in den Blick zu nehmen. Denn Art und Umfang der von einem angestellten Professor oder einer angestellten Professorin zu erbringenden Arbeitsleistung richten sich in erster Linie nach der Ausgestaltung des jeweiligen Arbeitsvertrags und der dort niedergelegten Funktionsbeschreibung. Bei dieser Ausgestaltung sind die gesetzlichen Vorschriften über die dienstlichen Aufgaben der Professorinnen und Professoren zu beachten (so zum Ganzen Löwisch/Wertheimer, in: Hartmer/Detmer, Hochschulrecht, Kap. 10 Rn. 60).
Was den Umfang der Lehre angeht, ergibt sich auch für angestellte Professorinnen und Professoren die nähere Ausgestaltung aus den jeweiligen Lehrverpflichtungsverordnungen (Löwisch/Wertheimer, in: Hartmer/Detmer, Hochschulrecht, Kap. 10 Rn. 60).
Wichtig: Bekanntermaßen steht dem Arbeitgeber (d.h. der Hochschule) nach § 106 GewO ein Direktionsrecht nach billigem Ermessen zu. Wegen Art. 5 Abs. 3 GG kann sich ein derartiges Direktionsrecht nur auf die äußeren Bedingungen der Tätigkeit, etwa die Zuweisung von Räumen und die zeitliche Vergabe von Lehrveranstaltungen beziehen (Löwisch/Wertheimer, in: Hartmer/Detmer, Hochschulrecht, Kap. 10 Rn. 61). Das Schrifttum ist der Auffassung, dass die Mitwirkung an der Selbstverwaltung ebenfalls durch Weisungen konkretisiert werden kann. Danach muss einer derartigen Weisung nur dann nicht Folge geleistet werden, wenn die Erteilung billigem Ermessen widerspricht, wenn zum Beispiel dafür eine lange geplante Forschungsreise unterbrochen werden müsste (Löwisch/Wertheimer, in: Hartmer/Detmer, Hochschulrecht, Kap. 10 Rn. 61).
Stand: 01.08.2024
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