Erholungsurlaub und Urlaubsabgeltung

I. Grundsätzliches

In unserer Rechtsberatung hören wir immer wieder von Fällen, in denen die Hochschulen von Professorinnen und Professoren die Beantragung von Erholungsurlaub verlangen. Vor diesem Hintergrund ist klarzustellen: Für Professorinnen und Professoren kann die Verpflichtung zu einer planmäßigen Anwesenheit in der Hochschule oder am Hochschulort, soweit sie nicht durch Vorlesungs- und Verwaltungsaufgaben bedingt ist, nur bestehen, wenn die Anwesenheit durch eine zusätzliche Aufgabe sachlich geboten ist. Es steht dem oder der Lehrenden aufgrund geltenden Verfassungsrechts frei, sich vom Dienstort zu entfernen, soweit hierdurch nicht die ordnungsgemäße Wahrnehmung der festgelegten Dienstaufgaben berührt ist. Denn die (grundsätzlich) freie Verfügung über die Arbeitszeit ist eine wesentliche Voraussetzung für das Gelingen wissenschaftlicher Arbeit (Meusel, WissR 1985, 107; Waldeyer, Das Recht der Fachhochschulen, Rn. 152). 

Daraus folgt: So, wie die oder der Lehrende im Rahmen der bestehenden Verpflichtungen selbst entscheidet, wann sie oder er Freizeit haben will, entscheidet sie oder er grundsätzlich auch, wann sie oder er ganz konkret in den aufgabenfreien Zeiten den zustehenden Urlaubsanspruch realisieren will. Die oder der Lehrende muss frei darin sein, zu entscheiden, wann sie oder er, unter Beachtung dienstlicher Belange, ihren oder seinen Urlaubsanspruch realisiert. 

II. Dauer des Urlaubs

Allerdings: Die damit benannte Freistellung der Professorinnen und Professoren von den Arbeitszeitvorschriften erstreckt sich nicht auf die beamtenrechtlichen Vorschriften über den Erholungsurlaub (Waldeyer, Das Recht der Fachhochschulen, Rn. 155). Diese gelten daher hinsichtlich der Dauer des Erholungsurlaubs uneingeschränkt auch für die Professorinnen und Professoren (OVG Saarlouis, Beschluss vom 30. November 1998, Az. 6 W 3/98, NVwZ 1999, 563 f. und Waldeyer, Das Recht der Fachhochschulen, Rn. 155). Regelmäßig sind in den Ländern 30 Tage als Erholungsurlaub festgelegt (vgl. die dort jeweils geltenden Erholungsurlaubsverordnungen). Professorinnen und Professoren mit nachgewiesener Schwerbehinderung erhalten zusätzliche Urlaubstage. 

III. Zeitliche Lage des Urlaubs 

In der Regel gibt es aber in den Landesgesetzen Besonderheiten speziell für die Professorinnen und Professoren hinsichtlich des Rahmenzeitraums, in dem Erholungsurlaub genommen werden kann. In den Landesgesetzen wird durchgehend bestimmt, dass der Erholungsurlaub in der vorlesungsfreien Zeit zu nehmen (z. B. Berlin) oder durch die vorlesungsfreie Zeit abgegolten ist (z. B. Bayern).

IV. Wie wird der Urlaub erteilt?

Die Regelung, dass der Urlaub nach Beantragung genehmigt werden muss – so verhält es sich bei den Laufbahnbeamten – gilt für die Professorinnen und Professoren in der Regel nicht (so ausdrücklich OVG Saarlouis, Beschluss vom 30. November 1998, Az. 6 W 3/98, NVwZ 1999, 563 f.).

Da die oder der Lehrende regelmäßig während der vorlesungsfreien Zeit überhaupt keine Pflicht zur Anwesenheit hat – es sei denn, es sind Prüfungen abzuhalten – kann insoweit in Bezug auf den Urlaub nicht die Verpflichtung bestehen, einen Urlaubsantrag zu stellen, allenfalls den Urlaub anzuzeigen, d.h. der Hochschule zur Kenntnis zu geben (eine solche Pflicht der Anzeige besteht zum Beispiel in Brandenburg, § 44 Abs. 1 S. 3 BbgHG).

Das folgt nicht nur aus dem Prinzip der Wissenschaftsfreiheit im Sinne von Art. 5 Abs. 3 GG, sondern ist auch als hergebrachter beamtenrechtlicher Grundsatz im Sinne von Art. 33 Abs. 5 GG anzusehen. Eine Beschränkung der Handlungsfreiheit aufgrund beamtenrechtlicher Regelungen kann nicht weitergehen, als dies zur Erfüllung der Funktionsfähigkeit des Beamtenverhältnisses notwendig ist. Indessen ist es gerade nicht notwendig, für Professorinnen und Professoren eine Antragspflicht vorzusehen, denn es besteht seitens der Hochschule kein Bedürfnis, zu erfahren, wann die oder der Lehrende in den freien Zeiten ihren oder seinen Urlaubsanspruch realisiert oder wann sie oder er im privaten Bereich ihrem oder seinem Beruf nachgeht. Die Hochschule kann allenfalls eine Mitteilung oder Anzeige der geplanten Abwesenheit vorsehen (zur Ausnahme siehe sogleich): Eine solche Mitteilung ist allein auch deshalb ratsam, damit in dieser Zeit keine Postzustellung vorgenommen wird und in besonderen Notfällen festgestellt werden kann, welche Mitglieder der Professorenschaft erreichbar sind, sodass die Handlungsfähigkeit der Hochschule gewährleistet ist. Erreichbarkeit bedeutet jedoch nicht, dass eine Anwesenheit am Hochschulort gegeben ist. 

Hinweis auf Ausnahme: Der Gesetzgeber in Baden-Württemberg hat offenbar bestimmt, dass dort (auch) Professorinnen und Professoren in Baden-Württemberg eine Genehmigung des Urlaubs brauchen, d.h. einen entsprechenden Antrag stellen müssen (§ 45 Abs. 2 Landeshochschulgesetz BW - LHG BW -, § 25 Abs. 2 Arbeitszeit- und Urlaubsverordnung BW - AzUVO BW). Zuständig für die Urlaubsgenehmigung ist eigentlich die Wissenschaftsministerin als Dienstvorgesetzte (§ 11 Abs. 5 S. 1 LHG BW), dies dürfte jedoch auf den Präsidenten oder die Präsidentin der jeweiligen Hochschule delegiert sein. Im Übrigen dürfte auch dort die gelebte (und systematisch zutreffende) Praxis vorherrschen, dass sich Professorinnen und Professoren den Erholungsurlaub nicht genehmigen lassen müssen.

V. Konsequenzen

Innerhalb der vorlesungsfreien Zeit kann der Hochschullehrer bzw. die Hochschullehrerin also den Zeitpunkt des Erholungsurlaubs unter Berücksichtigung dienstlicher Belange selbst bestimmen. Konsequenz: Der Erholungsurlaub von Hochschullehrenden in Höhe von 30 Tagen ist im Regelfall mit der vorlesungsfreien Zeit abgegolten (VG Düsseldorf, Urteil vom 29. April 2024, Az. 13 K 8242/21, juris).

Argumentation: Wenn der Hochschullehrer bzw. die Hochschullehrerin das Recht hat, selbst zu bestimmen, wann er oder sie in der vorlesungsfreien Zeit den Erholungsurlaub nimmt, dann muss der Dienstherr mangels insoweit bestehender Kontroll- und Einwirkungsmöglichkeit davon ausgehen, dass der Hochschullehrer bzw. die Hochschullehrerin von diesem Recht auch tatsächlich Gebrauch macht und sich den Urlaub eigenverantwortlich so einteilt, dass er in der vorlesungsfreien Zeit aufgebraucht wird. 

Dies gilt nach der genannten Entscheidung auch in den Ländern, in denen der Abgeltungsmechanismus nicht ausdrücklich in Gesetz oder Verordnung verankert ist. Eine Ausnahme gilt danach nur dann, wenn Krankheit und Urlaub zusammentreffen (siehe dazu unter Sonderfragen).

VI. Vergütung während des Urlaubs

§ 44 BeamtStG bestimmt, dass der Beamtin oder dem Beamten alljährlich ein Erholungsurlaub unter Fortgewährung der Dienstbezüge zusteht.

VII. Sonderfragen

1. Urlaub und vorübergehende Krankheit

Treffen vorübergehende Krankheit und Urlaub zusammen, so gilt Folgendes: Das Verwaltungsgericht Berlin hat zu dem europarechtlich festgelegten Mindesturlaub, der 20 Tage im Jahr beträgt, entschieden (VG Berlin, Urteil vom 28. Mai 2015, Az. 5 K 154.13, juris), dass der Mindesturlaub bei Professorinnen und Professoren durch die vorlesungsfreie Zeit nur dann als abgegolten gilt, wenn und soweit die oder der Lehrende in dieser Zeit nicht arbeitsunfähig erkrankt ist. Denn andernfalls könne sie oder er sich in der vorlesungsfreien Zeit tatsächlich nicht erholen. Danach gilt: Wenn sie oder er nicht an mindestens 20 Tagen der vorlesungsfreien Zeit arbeitsfähig ist, sind die fehlenden Tage finanziell abzugelten.

Ein Verfall des Urlaubsanspruchs tritt nach dieser Entscheidung zum einen dann ein, wenn ein hinreichend langer Übertragungszeitraum geregelt ist und dieser abgelaufen ist, wobei der Europäische Gerichtshof einen Übertragungszeitraum von 15 Monaten gebilligt hat. Gibt es keine ausreichend langen nationalstaatlichen Verfallsregelungen, tritt auf der Grundlage der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ein Verfall des Urlaubsanspruchs 18 Monate nach dem Ende des Urlaubsjahres ein (vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013, Az. 2 C 10.12, juris).

2. Abgeltung, wenn der Urlaub nicht mehr vor Beendigung des Beamtenverhältnisses genommen werden konnte

Nach der jüngeren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts ist die langjährige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, dass einer oder einem Angestellten ein Rechtsanspruch auf finanzielle Abgeltung zusteht, wenn sie oder er seinen Urlaub wegen Krankheit nicht mehr vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses einbringen konnte, mittlerweile ausdrücklich auf die Beamtinnen und Beamten übertragen worden (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013, Az. 2 C 10/12, juris). 

Ein Anspruch auf Urlaubsabgeltung besteht also dann, wenn die Beamtin oder der Beamte aufgrund ihrer oder seiner Erkrankung ihren oder seinen Urlaub vor Beendigung seines Beamtenverhältnisses nicht mehr realisieren konnte. Wie das Beamtenverhältnis konkret beendet wurde und auf die Art des Beamtenverhältnisses (Verbeamtung auf Probe oder auf Lebenszeit) kommt es nicht an. Eine finanzielle Abgeltung erfolgt nur für die nicht in Anspruch genommenen Tage des Erholungsurlaubs. 

Gedeckelt ist der Anspruch nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung aber auf den europäischen Mindesturlaub von 20 Tagen pro Kalenderjahr (BVerfG, Beschluss vom 15. Mai 2014, Az. 2 BvR 324/14, juris). 

Was die Höhe des Abgeltungsbetrages angeht, so ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auf die Bruttobesoldung abzustellen, die die Beamtin oder der Beamte in den letzten drei Kalendermonaten vor Beendigung des Beamtenverhältnisses erhalten hat (BVerwG, Urteil vom 30. April 2014, Az. 2 A 8/13, juris).

Die bundesverwaltungsgerichtliche Rechtsprechung hat außerdem entschieden, dass die Verjährung dieses Urlaubsabgeltungsanspruchs nach § 195 BGB nach drei Jahren erfolgt – die Verjährung beginnt mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem das Beamtenverhältnis endet. Unterbleibt die von Amts wegen zu erfolgende Abgeltung, sollte ein entsprechender Antrag auf Urlaubsabgeltung gestellt werden. Wird der Antrag abgelehnt, bleiben Widerspruch und Klage zur Durchsetzung der Rechte.

3. Urlaubsabgeltung bei Beendigung des Beamtenverhältnisses durch Tod

Nach der Rechtsprechung (VG Karlsruhe, Urteil vom 16. Juli 2015, Az. 3 K 24/15, juris) entsteht bei Beendigung des Beamtenverhältnisses durch Tod der Beamtin oder des Beamten darüber ein vererblicher, aus dem Europarecht abzuleitender Urlaubsabgeltungsanspruch – wiederum allerdings gedeckelt auf die europarechtlich gewährleistete Mindesturlaubsdauer von 20 Tagen.

Stand: 01.06.2024
 

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