Dienstunfall

I. Begriff

Als Dienstunfall gilt ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes Ereignis, das in Ausübung oder infolge des Dienstes eingetreten ist, vgl. § 31 Abs. 1 des Beamtenversorgungsgesetzes des Bundes (BBeamtVG) und die entsprechenden Regelungen in den jeweiligen Beamtenversorgungsgesetzen der Länder. Zum Dienst gehören nach § 31 Abs. 1 Seite 2 BBeamtVG dabei auch Dienstreisen und die dienstliche Tätigkeit am Bestimmungsort, die Teilnahme an dienstlichen Veranstaltungen und in einigen Fällen auch Nebentätigkeiten, jedoch nur im öffentlichen Dienst.

Weiterhin gilt als Dienst auch das Zurücklegen des mit dem Dienst zusammenhängenden Weges zur und von der Dienststelle (Wegeunfall, vgl. § 31 Abs. 2 BBeamtVG). Das Gesetz erkennt außerdem dann, wenn der Beamte wegen der Entfernung der ständigen Familienwohnung vom Dienstort an diesem eine Unterkunft besitzt, auch den Weg von und nach der Familienwohnung als „Dienst“ an.

II. Bedeutung der Anerkennung als Dienstunfall 

  • Nach einem Dienstunfall muss der Dienstherr die vollständigen Kosten der Heilbehandlung übernehmen. Bei der Beihilfe im „Normalfall“ werden hingegen regelmäßig weniger Kosten erstattet (je nach Bundesland 50 Prozent, vgl. das hlb-Infoblatt „Beihilfe“). Zudem findet keine Beschränkung des Leistungskatalogs statt, es sind alle notwendigen und vernünftigen Behandlungen des Beamten übernehmen, weil dieser während des Dienstes verletzt worden ist.
  • Wird der Beamte nach einem Dienstunfall dauerhaft dienstunfähig und in den vorzeitigen Ruhestand versetzt, erhält er nicht das „normale“ Ruhegehalt, sondern ein erhöhtes Unfallruhegehalt. Die jeweilige Höhe ist einzelfallbezogen. Vom Sinn und Zweck her kann man aber formulieren, dass die Abzüge wegen der Vorzeitigkeit des Ruhestandes durch die Erhöhung des Unfallruhegehaltes ausgeglichen werden sollen. 
  • Weiterhin kann die Frage, ob ein Dienstunfall vorliegt oder nicht, eine Rolle spielen, wenn mehrere Dienstunfälle nacheinander und aufeinander aufbauend auftreten. Wenn etwa die gleiche Verletzung erneut zu einem späteren Zeitpunkt auftritt und der „erste“ Unfall zu einem Vorschaden geführt hat, sodass beim zweiten Unfall die Gesundheitsschädigung schneller oder schlimmer eintritt, wird der zweite Unfall nur anerkannt, wenn die Vorschädigung des ersten Unfalls schon als Dienstunfallfolge anerkannt ist. 

III. Mobbing als Dienstunfall?

Nach der Rechtsprechung ist Mobbing kein „plötzliches Ereignis“. Die Voraussetzung des plötzlichen Ereignisses sei nur dann erfüllt, wenn das Unfallereignis in einem verhältnismäßig kurzen Zeitraum eintrete, so das Verwaltungsgericht Göttingen in einem Urteil aus 2008. Dies sei bei Mobbing regelmäßig nicht der Fall, so das Gericht (VG Göttingen, Urt. v. 02.04.2008, Az. 3 A 263/06, juris). Unter Umständen kann es sich aber auch um eine „Dienstbeschädigung“ (§ 31 Abs. 3 BBeamtVG) handeln. Abgrenzung zum Dienstunfall: Bei einer Dienstbeschädigung wird die Beeinträchtigung nicht von einem einzelnen Ereignis ausgelöst, sondern durch eine dauerhafte Einwirkung („Berufserkrankung“).

In diesem Zusammenhang: Die Frage, ob dienstliche Gespräche als Dienstunfall anzuerkennen sind, hatte die Rechtsprechung ebenfalls schon zu beantworten. Das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes entschied, dass es - konkret in dem Fall hinsichtlich der drei in Rede stehenden dienstlichen Gespräche des Klägers mit Vorgesetzten - bereits an einer äußeren Einwirkung im Sinne des Dienstunfallbegriffs (hier konkret des saarländischen Beamtenversorgungsgesetzes, dort § 31 Abs. 1 Satz 1) fehle (OVG Saarland, Beschl. v. 21.11.2023, Az. 1 A 8/22, juris). 

Die Argumentation des Gerichts: Die als Reaktion auf die in Rede stehenden Gespräche geschilderte innere Erregung des Klägers in Form eines schockähnlichen Zustandes sei nicht tatbestandsmäßig, sondern betreffe den rein inneren Vorgang der persönlichen Wertung des Geschehenen mit der Folge einer tief empfundenen Kränkung, so dass der nach fachärztlicher Diagnose entstandene seelische Schaden (Verbitterungsstörung bzw. mittelgradige depressive Episode) nicht der Sphäre des Dienstherrn zuzurechnen sei.

Die streitgegenständlichen Unterredungen in dem konkreten Fall hielten sich darüber hinaus, so das Gericht, aus der Sicht eines objektiven Dritten selbst dann noch im Rahmen der sozialen Adäquanz hielten, wenn die vom Kläger als krankheitsauslösend hervorgehobenen (angeblichen) Äußerungen ihm gegenüber tatsächlich so oder ähnlich gefallen sein sollten. 

Im Übrigen gelte: Beruhe eine durch als sozialadäquat zu qualifizierende Gespräche ausgelöste seelische Erkrankung auf einer psychischen Prädisposition, so fehlt es an einer inneren Rechtfertigung, dem Beamten über die auch in diesen Fällen zu gewährenden Beihilfeleistungen hinaus den besonderen Schutz des Dienstunfallfürsorgerechts zu kommen zu lassen.

IV. Voraussetzung für einen Dienstunfall: Ereignis, das einen Körperschaden verursacht

Mit Letzterem wird eine wesentliche Voraussetzung der Anerkennung eines Dienstunfalls angesprochen. Das Unfallereignis muss die rechtlich allein wesentliche Ursache sein. Das Ereignis ist dann nicht ursächlich, wenn es sich um eine sogenannte Gelegenheitsursache handelt, d. h. wenn bereits eine Veranlagung bestand, sodass es zur Auslösung eines akuten Erscheinens nicht besonderer Einwirkungen bedurfte, sondern ein Alltagsereignis dafür ausreichte. 

V. Weitere Voraussetzung: „In Ausübung des Dienstes“

Die Konkretisierung des Begriffes „in Ausübung des Dienstes“ wird von der Rechtsprechung übernommen. Zuletzt hat das sächsische Oberverwaltungsgericht mit Hinweis auf das Bundesverwaltungsgericht entschieden (Sächs. OVG, Beschl. v. 28.01.2013, Az. 2 A 358/10, juris), dass eine besonders enge ursächliche Verknüpfung des Unfallereignisses mit dem Dienst vorauszusetzen ist. Ein untrennbarer zeitlicher und räumlicher Zusammenhang sei etwa gegeben während der Nahrungsaufnahme während der Dienstzeit in Diensträumen oder im Rahmen eines dort stattfindenden privaten Gesprächs unter Kollegen. Demgegenüber verblieben beim Beamten jene Risiken, die sich aus anderen als dienstlichen Gründen ergäben. 

VI. Ansprüche bei Anerkennung als Dienstunfall

Bei einem anerkannten Dienstunfall besteht Anspruch auf (besondere) Unfallfürsorgeleistungen. Sie umfassen u. a. Erstattung von Sachschäden und besonderen Aufwendungen (§ 32 BBeamtVG). Ist dem Beamten bzw. der Beamtin durch die erste Hilfeleistung ein finanzieller Nachteil entstanden, so ist dem Beamten der nachgewiesene und notwendige Aufwand zu ersetzen. Achtung: Für den Antrag auf Erstattung von Sachschäden gilt die eine Frist von drei Monaten. 

Weitere wichtige Regelungen bestehen u. a. darüber hinaus zum Heilverfahren gemäß §§ 33-34 BBeamtVG (Ärztliche Behandlung und Arzneimittel), zum Unfallausgleich, § 35 BBeamtVG (wenn die Erwerbsfähigkeit länger als 6 Monate beschränkt ist), zur Unfall-Hinterbliebenenversorgung, §§ 39-42 BBeamtVG und zur einmaligen Unfallentschädigung, § 43 BBeamtVG. Diese Themenbereiche sind regelmäßig auch in den Beamtenversorgungsgesetzen der Länder geregelt. 

VII. Unfallmeldung und Fristen

Professorinnen und Professoren sollten sofort nach Erleiden des Dienstunfalls den Dienstunfall bzw. den Schadensfall melden, weil Fristen zu beachten sind. Was die Unfallmeldung angeht, so existiert eine Ausschlussfrist von zwei Jahren, d. h. regelmäßig zwei Jahre nach dem Eintritt des Unfalls muss dieser bei dem Dienstvorgesetzten des Verletzten gemeldet werden, damit Unfallfürsorgeansprüche bestehen können; nur ausnahmsweise wird diese Frist auf 10 Jahre erhöht. Bei Sachschäden gilt eine kurze Frist von drei Monaten.

Hinsichtlich der Form der Meldung – die Länder haben unterschiedliche Regelungen dazu - hat das Verwaltungsgericht Braunschweig entschieden, dass die Vorschrift des § 51 Abs. 1 Satz 1 des Niedersächsischen Beamtenversorgungsgesetzes kein Formerfordernis (etwa schriftlich oder elektronisch) an die Meldung eines Dienstunfalls stellt, sodass ein Dienstunfall auch mündlich gegenüber dem Dienstvorgesetzten gemeldet werden kann. Wer danach seinem Dienstvorgesetzten zeitnah von einem Unfallgeschehen während des Dienstes erzählt und ihn nach feststehender Diagnose daraufhin hier etwa sechs Wochen nach dem Unfallereignis über die Unfallfolgen in Kenntnis setzt, hat einen Dienstunfall im Sinne des Beamtenversorgungsgesetzes gemeldet (VG Braunschweig, Urt. v. 29.08.23, Az. 7 A 302/19, juris). Diese Rechtsprechung dürfte ebenfalls auf solche Bundesländer anwendbar sein, die ebenfalls keine bestimmte Form der Meldung niedergelegt haben (Beispiel Baden-Württemberg), nicht jedoch auf Bundesländer, die explizit im jeweiligen Landesbeamtenversorgungsgesetz eine Form für die Meldung vorgesehen haben (Beispiel Nordrhein-Westfalen). Aus Gründen der Nachweisbarkeit dürfte sich allerdings regelmäßig eine schriftliche Meldung empfehlen. 

Stand: 15.06.2024

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